Nothing Ear: Design, Verarbeitung und Tragekomfort
Nothing bleibt sich treu: Auch die neuen Ear Kopfhörer setzen auf das unverwechselbare transparente Design, das zum Markenzeichen des Londoner Unternehmens geworden ist. Doch Moment mal, heißen die nicht "Ear (3)"?
Fehlanzeige. Nothing hat sich gegen die erwartete Bezeichnung entschieden und präsentiert die neuen Kopfhörer schlicht als "Nothing Ear". Eine mutige Entscheidung, die durchaus für Verwirrung sorgen könnte. Aber vielleicht steckt dahinter auch der Wunsch nach einem Neuanfang, einer Art Reset der Serie. Genug spekuliert, schauen wir uns die Ear genauer an.
Optisch sind die nahezu identisch zum Nothing Ear (2). Die Earbuds gibt's in Weiß und Schwarz und gewähren durch ihre klare Optik spannende Einblicke ins technische Innenleben. Im Vergleich zu den Ear (2) haben sie eine kleine Wachstumsphase durchgemacht: Mit 29,4 x 21,7 x 24,1 mm und 4,62 g pro Earbud sind sie einen Hauch größer und schwerer als zuvor. Aber keine Sorge, das fällt beim Tragen kein bisschen auf.
Das kompakte Ladecase kommt im vertrauten Format daher und passt in jede Hosentasche. Ein cooles Detail: Die Magnete sorgen beim Öffnen und Schließen für ein angenehmes haptisches Feedback. Klar, das ist kein Kaufargument, aber so eine kleine Spielerei hat auch was.
Nothing hat bei den Ear aber nicht nur aufs Design geachtet, sondern auch an die Alltagstauglichkeit gedacht. Die Earbuds sind nach IP54 zertifiziert, was sie gegen Staub und Spritzwasser wappnet. Perfekt also für alle, die auch bei einem Regenguss oder schweißtreibendem Workout nicht auf ihre Musik verzichten wollen. Das Ladecase toppt das sogar noch mit IP55.
Und der Tragekomfort? Auch hier gibt's nichts zu meckern. Dank der ergonomischen Form und den verschiedenen Ohrstöpsel-Größen (S, M und L) sitzen die Ear bombenfest und bequem im Ohr. Selbst nach mehreren Stunden Dauerberieselung drückt und zwickt nichts. Top!
Nothing Ear: Klang
Hardware
Im Vergleich zum Ear (2) hat Nothing den Treiber von 11,6 mm auf 11 mm verkleinert. Klingt erstmal nach einem Rückschritt, aber die Größe ist bekanntlich nicht alles. Denn Nothing hat gleichzeitig auf eine verbesserte Keramikmembran gesetzt, die für mehr Steifigkeit und damit für knackigere Höhen sorgen soll.
Auch bei der Bluetooth-Verbindung hat Nothing nachgelegt: Statt Bluetooth 5.2 kommt jetzt Version 5.3 zum Einsatz. Und mit LDAC gesellt sich neben LHDC ein weiterer hochauflösender Codec dazu. Qualcomms aptX sucht man zwar weiterhin vergebens, aber die meisten aktuellen Android-Smartphones unterstützen ohnehin LDAC, der Bluetooth-Verbindungen mit bis zu 990 Kbit/s bei 32 Bit/96 kHz ermöglicht.
Klangqualität
Klingt vielversprechend, aber wie sieht es damit in der Praxis aus? Beim ersten Reinhören wird schnell klar: Nothing hat nicht zu viel versprochen. Der Klang der Ear ist ausgewogen, kraftvoll und dynamisch. Verglichen mit dem Ear (2) haben Bass und Frequenzbandbreite hörbar zugenommen.
Nehmen wir zum Beispiel "Billie Jean" von Michael Jackson. Der ikonische Bassline groovt ordentlich und verleiht dem Track den nötigen Punch, ohne dabei aufdringlich zu werden. Die Mitten sind klar abgegrenzt und Jacksons Stimme kommt präsent und natürlich rüber. Auch die Höhen glänzen mit einer angenehmen Klarheit und Brillanz, ohne dabei zu schrill zu werden.
Wechseln wir das Genre und hören uns "Stairway to Heaven" von Led Zeppelin an. Hier zeigt sich, wie gut die Ear auch mit komplexeren Arrangements zurechtkommen. Die akustische Gitarre zu Beginn klingt warm und natürlich, fast so, als würde Jimmy Page direkt neben einem sitzen. Wenn dann die E-Gitarren und das Schlagzeug einsetzen, entfaltet sich eine breite Klangbühne, die einen mitten ins Geschehen versetzt. Jedes Instrument ist klar ortbar und selbst bei hoher Lautstärke bleibt der Klang jederzeit kontrolliert und aufgeräumt.
Die Soundsignatur der Ear folgt einer klassischen V-Kurve, die vor allem Bässe und Höhen betont. Das trifft den Geschmack der meisten Musikhörer und macht die Kopfhörer zu echten Allroundern, die sich für verschiedenste Genres eignen. Egal ob Hip-Hop, Rock, Pop oder Klassik - die Ear liefern immer einen packenden und mitreißenden Sound.
Wer noch mehr aus den Kopfhörern herauskitzeln möchte, kann in der Nothing X App den Equalizer bemühen. Hier stehen 4 vorgefertigte Profile zur Auswahl, die den Klang auf unterschiedliche Genres optimieren. Wer es ganz individuell mag, kann im 8-Band-Equalizer auch selbst Hand anlegen und den Sound nach eigenen Vorlieben abstimmen.
Ein spannendes neues Feature ist die Bass Enhance Funktion. Dabei analysiert ein Algorithmus in Echtzeit die tiefen Frequenzen in der Musik und hebt feine Details im Bassbereich hervor. Das sorgt für noch mehr Wumms und Dynamik, ohne dabei zu übertreiben. Gerade bei basslastigen Tracks wie "Lose Yourself to Dance" von Daft Punk macht das richtig Laune.
Nothing Ear: Funktionen
Kommen wir zu den Funktionen der Nothing Ear. Wie schon bei den Vorgängern spielt hier die Nothing X App eine zentrale Rolle. Sie informiert nicht nur über den Ladestand der Earbuds und des Case, sondern ermöglicht auch zahlreiche Einstellungen. Neben dem bereits erwähnten Bass Enhance Modus und dem Equalizer lässt sich hier auch das Active Noise Cancelling (ANC) steuern.
Active Noise Cancelling (ANC)
Während sich die Ear (2) noch mit einer Geräuschunterdrückung von 40 dB präsentierten, bringen es die neuen Ear auf satte 45 dB. Das klingt zwar nach Zahlenspielerei, macht aber in der Praxis einen durchaus hörbaren Unterschied.
Ob im Zug, im Flugzeug oder im Großraumbüro - die Ear schirmen Umgebungsgeräusche größtenteils ab und sorgen für ungestörten Musikgenuss. Klar, es gibt Konkurrenten wie die Bose QuietComfort Ultra, die noch einen Tick besser in der Geräuschunterdrückung sind. Aber die kosten auch mal eben das Doppelte.
Richtig clever ist der neue Smart ANC Algorithmus. Er checkt nämlich automatisch, ob die Earbuds optimal in den Ohren sitzen und passt die Geräuschunterdrückung entsprechend an. Sitzt ein Stöpsel nicht ganz perfekt, wird an der Stelle einfach mehr ANC zugeschaltet, um die Abdichtung auszugleichen. Und das passiert jedes Mal beim Einsetzen der Earbuds - ganz ohne zusätzliches Eingreifen.
Auch das Adaptive ANC hat ein Upgrade bekommen. Es passt die Stärke der Geräuschunterdrückung automatisch an die Umgebung an. In ruhigen Räumen wird weniger ANC gebraucht, in der U-Bahn oder auf der Straße entsprechend mehr. So bieten die Ear immer genau die richtige Dosis Ruhe, ohne den Träger komplett von der Außenwelt abzuschotten.
Im Test erwies sich die Funktion aber mehr als Spielerei, denn gefühlt gab es keinen signifikanten Unterschied zur höchsten Unterdrückungsstufe. Vielleicht war meine Testumgebung auch einfach zu laut.
Apropos Testumgebung: Manchmal möchte der Nutzer ja schon mitkriegen, was um ihn herum passiert. Zum Beispiel im Straßenverkehr oder wenn er auf eine Ansage am Bahnhof wartet. Dafür gibt es den Transparenzmodus, der Umgebungsgeräusche gezielt verstärkt. Der Wechsel zwischen aktiver Geräuschunterdrückung (ANC), deaktiviertem ANC und Transparenzmodus erfolgt direkt über die Pinch-Gesten der Earbuds. Das umständliche Kramen nach dem Smartphone entfällt also.
Trageerkennung
Doch das ANC ist nur eine von vielen smarten Funktionen. Nehmen wir beispielsweise die Trageerkennung. Sie sorgt dafür, dass die Musik automatisch pausiert, wenn ein Earbud herausgenommen wird. Beim Wiedereinsetzen geht es nahtlos weiter. Das ist super praktisch, wenn man mal kurz mit jemandem sprechen muss.
Allerdings ist die Funktion nicht immer hundertprozentig zuverlässig. Wird der Sensor beim Herausnehmen der Earbuds verdeckt, kann es passieren, dass die Musik einfach weiterspielt. Aber hey, nichts ist perfekt.
Low Latency Modus
Für Gamer und Serienfans interessant: der Low Latency Modus. Er sorgt für eine extrem geringe Verzögerung zwischen Bild und Ton und verhindert so nervige Asynchronitäten. Aber auch ohne diesen Modus ist die Latenz so gering, dass beim Zocken oder Streamen keine Probleme auftreten sollten.
Passformtest, Bedienung und Sprachqualität
Eine nette Spielerei ist der Passformtest. Er überprüft, ob die Buds optimal in den Ohren sitzen und gibt Tipps, falls nicht. Die Steuerung der Ear erfolgt über die sogenannten Pinch-Gesten. Dabei kneift man einfach den Stiel des Earbuds, was daraufhin mit einem coolen Klick-Sound bestätigt wird.
Das funktionierte im Test zuverlässig, kann aber auch mal zu ungewollten Aktionen führen, wenn die Buds etwas zu fest angepackt werden. In der App lässt sich einstellen, welche Funktionen mit den Gesten gesteuert werden sollen. Zur Auswahl stehen unter anderem die Musikwiedergabe, Anrufsteuerung, Geräuschunterdrückung und der Sprachassistent.
Zum Telefonieren ist der Nothing Ear mit drei Mikrofonen pro Bud ausgestattet. Dazu kommt ein verbessertes Mikrofondesign mit einer zusätzlichen Öffnung im Stiel und eine KI-gestützte Geräuschunterdrückung. Straßenlärm oder Windrauschen werden insgesamt gut abgeschirmt, ohne dass die Stimme anfängt unnatürlich zu klingen.
Nothing Ear: Akku und Laufzeit
Beim Akku hat Nothing im Vergleich zu den Ear (2) ordentlich nachgebessert. Das war auch bitter nötig, denn die Laufzeit des Vorgängers war einer der größten Kritikpunkte - vor allem mit eingeschaltetem ANC war oft schon nach 3 Stunden Schluss und die Earbuds mussten zurück in die Ladebox.
Doch damit ist jetzt Schluss. Nothing hat den Akku der Earbuds von 33 mAh auf 46 mAh aufgebohrt und auch dem Ladecase ein paar Extra-Milliamperestunden spendiert (von 485 mAh auf 500 mAh). Klingt erstmal nach nicht viel, macht sich im Alltag aber durchaus bemerkbar.
Mit aktiviertem ANC halten die Nothing Ear jetzt rund 4 Stunden durch, also etwa eine Stunde länger als die Ear (2). Schaltet man die Geräuschunterdrückung aus, sind sogar bis zu 7,5 Stunden drin. Danach heißt es ab in die Ladebox, die die Earbuds bis zu viermal komplett aufladen kann. Nach einer knappen Dreiviertelstunde über USB-C oder 3 Stunden per kabellosem Qi-Charging sind die kleinen Kraftpakete samt Ladecase dann wieder voll einsatzbereit. Wer's eilig hat, kann dank Schnellladefunktion in nur 10 Minuten Saft für satte 10 Stunden Musikgenuss zapfen. Läuft!
Klar, mit einer Laufzeit von bis zu 5,2 Stunden (mit ANC) bzw. 8,5 Stunden (ohne ANC) pro Ladung und insgesamt 24 Stunden (mit ANC) bzw. 40,5 Stunden (ohne ANC) inklusive Ladecase sind die Nothing Ear noch keine Ausdauermonster. Aber im Vergleich zum Vorgänger ist das schon ein ordentlicher Sprung nach vorn.
Für den Alltag reicht die Akkulaufzeit allemal und dank der fixen Lademöglichkeiten geht einem auch auf längeren Trips nicht so schnell die Puste aus. Unterm Strich hat Nothing beim Akku also genau die richtigen Stellschrauben gedreht und die größte Schwachstelle der Ear (2) ausgemerzt.
Chris
Hi, wie bekomme ich LHDC ins Laufen? Wenn ich es in der App anschalte, sagt mein Smartphone, dass es über AAC mit den Ear verbunden ist.
Timo
Hi Ricardo,
freut mich, dass dir der Test gefallen hat. Leider habe ich die Sony WF-1000XM5 nicht vorliegen und deshalb keinen direkten Vergleich für dich.
Ricardo
Hallo Timo, ich hab mir jetzt die Ear bestellt. Die sollten für mich dann doch reichen. Bin schon gespannt wie sie klingen. 🙂
Ricardo
Hallo und vielen Dank für den ausführlichen Review. Ich schwanke aktuell zwischen den Nothing Ear und den Sony WF-1000XM5. Habt ihr dazu vielleicht einen Vergleich für mich? Mir geht es vor allem darum, dass ich meine FLACs verlustfrei abspielen kann. Sowas wie ANC ist für mich eher nebensächlich. Die Dinger sollen einfach gut klingen. 😀