Test: POCO X4 Pro 5G
Der König ist tot, lang lebe der König! An diesen Satz muss ich andauernd denken, sobald ich einen Blick auf den heutigen Smartphone-Markt werfe. Egal in welcher Preisklasse wir uns befinden, nahezu wöchentlich bringt irgendein Hersteller das BESTE Smartphone auf den Markt.
Da noch einen Überblick zu behalten ist ziemlich schwierig und die Unterscheide der Modelle untereinander liegen im Detail. Das trifft auch auf das POCO X4 Pro 5G zu, bei dem man die Ausstattung des kürzlich vorgestellten Redmi Note 11 Pro 5G einfach in ein anderes Gehäuse gepackt hat.
POCO X4 Pro 5G: Design und Verarbeitung
Das Design des POCO X4 Pro 5G ist außergewöhnlich. Außergewöhnlich gut oder schlecht muss jeder für sich selbst wissen, doch Blicke zieht das Smartphone definitiv auf sich. Maßgeblich hierfür ist der riesige "Kamera-Buckel" mit POCO-Aufdruck, der nahezu den kompletten oberen Teil der Rückseite einnimmt. Das gefällt nicht unbedingt jedem, denn nicht nur der Buckel (1,5 mm) ragt weit aus dem Gehäuse heraus, sondern auch die 108 MP Hauptkamera auf dem Buckel besitzt eine eigene Einfassung, die zusätzlich einige Millimeter aus dem Buckel herausragt. Staub und Schmutz haben hier leichtes Spiel.
Wuchtig sind auch die Abmessungen des Smartphones. Mit einer Größe von 164 x 76 x 8,3 mm und einem Gewicht von 205g ist das POCO X4 Pro 5G ein ordentlicher Brummer. Dennoch liegt das vergleichsweise kantige Smartphone recht gut in der Hand. Die Gewichtsverteilung ist nicht kopflastig und die rechts befindlichen Bedientasten sind gut erreichbar, was bei einem 6,67 Zoll Smartphone keine Selbstverständlichkeit ist. Ein bisschen Schutz vor Sprühwasser gibt es nach der Schutzklasse IP53.
Die spiegelnde Glasrückseite erzeugt einen interessanten Look. Je nachdem wie man das Smartphone im Licht dreht, entsteht ein Effekt, der ein bisschen an Scheinwerferlicht oder einen Laserstrahl erinnert. Den Effekt besitzt übrigens jedes der Modelle. Egal ob man sich für "Laser Black", "Laser Blue" oder "POCO Yellow" entscheidet. Eine schlichte Farbe hat POCO hier nicht im Sortiment! Der matte Kunststoffrahmen sorgt für einen ansprechenden Kontrast.
An der Verarbeitungsqualität gibt es nichts auszusetzen. Der Lieferumfang umfasst das POCO X4 Pro 5G, eine transparente Schutzhülle, ein 67W-Schnellladegerät, ein USB-C Kabel, eine SIM-Nadel zum Öffnen des SIM-Slots und eine Kurzanleitung. Eine Displayschutzfolie befindet sich bereits auf dem Display.
POCO X4 Pro 5G: Display
Der Bildschirm des POCO X4 Pro 5G besitzt eine Diagonale von 6,67 Zoll. Es handelt sich um ein AMOLED DotDisplay mit 2400 x 1080 Pixel Auflösung und einer maximalen Helligkeit von 1200 nit. Dazu kommen eine hohe Bildwiederholrate von 120 Hz und eine Abtastrate von 360 Hz. Geschützt wird das Display durch Gorilla Glass 5 von Corning.
Spätestens seit dem günstigen Redmi Note 11 hat Xiaomi gezeigt, dass man auch hervorragende AMOLED-Displays in den unteren Preiskategorien verbauen kann. Das POCO X4 Pro 5G schließt sich dem an, denn das Display braucht sich selbst vor deutlich teurerer Konkurrenz nicht zu verstecken. Typisch AMOLED überzeugt der Bildschirm durch satte Farben, einen hohen Kontrast und eine astreine Blickwinkelstabilität.
Die Helligkeit des Bildschirms ist ordentlich. Selbst bei Sonnenschein kann man das Display noch gut lesen. Die Farbtemperatur ist verhältnismäßig neutral eingestellt. Wem das nicht gefällt, der kann in den Displayeinstellungen die Farbtemperatur individuell anpassen. Gleiches gilt für die Farbsättigung, die sich in den Modi "Lebhaft", "Gesättigt" und "Standard" umschalten lässt.
Bei der Bildwiederholrate geht das POCO X4 Pro 5G voll mit der Zeit. Durch die 120 Hz Bildwiederholrate sehen Animationen und schnelle Wischbewegungen richtig schön flüssig aus. Etwas ausgebremst werden die 120 Hz durch den Snapdragon 695, der an sich zwar gut performt, allerdings keine allzu hohen Leistungsreserven bietet.
Eine richtig nervige Sache gibt es dann aber doch noch. Und zwar das Always-On Display betreffend. "Always-On" heißt für mich "Immer an". Xiaomi bzw. POCO sieht das ein bisschen anders. Es gibt zwar eine Always-On Funktion, diese schaltet sich allerdings nach 10 Sekunden ab. Erst ein Fingertipp auf das Display blendet das die "Always-On" Oberfläche wieder ein. Das Ganze in den Einstellungen umzustellen, funktioniert leider nicht. Es gibt nur diese 10 Sekunden Funktion. Schade!
POCO X4 Pro 5G: Leistung
Mit dem Qualcomm Snapdragon 695 geht es auch weiter. Dieser 6nm-Chip ist der Herzstück des POCO X4 Pro 5G. Die Unterteilung erfolgt in eine 8-Kern CPU (2x Cortex-A77 @2.2 GHz | 6x Cortex-A55 @1.7 GHz) und eine Adreno 619 GPU. Daneben unterstützt der Snapdragon 695 schnellen 5G-Mobilfunk, Dual-AC WiFi und Bluetooth 5.1.
Beim Speicher hat man die Wahl zwischen 6GB oder 8GB RAM (LPDDR4X) und 128GB oder 256GB Datenspeicher (UFS2.2). Den Datenspeicher mit einer microSD-Speicherkarte zu erweitern, funktioniert. Hier einige Benchmark-Ergebnisse:
Die Ergebnisse sind ein guter Anhaltspunkt dafür, dass der Snapdragon 695 bei weitem nicht zu den stärksten Mobilplattformen auf dem Markt zählt. Deutlich relevanter als ein Benchmark-Ergebnis ist allerdings die Performance im Alltag, an der es tatsächlich wenig auszusetzen gibt. Gewöhnliche Aufgaben werden schnell und ohne gravierende Warte- oder Ladezeiten ausgeführt. Schnelle Wechsel durch Apps oder Bildwechsel in der Bildergalerie erfolgen weitestgehend lückenlos.
Als Smartphone für Gamer kann sich das POCO X4 Pro 5G hingegen nicht behaupten. Die 120 Hz Bildwiederholrate wird in den meisten Mobile Games nicht erreicht. In besonders anspruchsvollen Spielen wie PUGB Mobile oder Call of Duty Mobile sollte man außerdem mit Performance-Einbußen rechnen. Hier empfiehlt es sich, die Grafik auf den niedrigsten Detailgrad zu stellen. Dann sind auch diese Spiele ohne Ruckler spielbar. Temperaturbedingte Flaschenhälse treten nicht auf. Das Smartphone entwickelt unter Volllast nur eine geringe Wärme.
POCO X4 Pro 5G: Benutzeroberfläche
Weil POCO eine Marke von Xiaomi ist, handelt es sich auch bei der Benutzeroberfläche um das Xiaomi hauseigene Betriebssystem MIUI. Das ist hier als "MIUI 13 (Für POCO)" vorinstalliert. Den Unterschied zum Xiaomi oder Redmi Smartphone macht hier der so genannte "Launcher" aus, der das Aussehen der Oberfläche POCO gerecht anpasst. Selbstverständlich kann man auch ein beliebiges Theme über den integrierten Theme-Store herunterladen.
Das hier installierte MIUI 13 basiert noch auf Android 11. Ein Update auf Android 12 wird aller Voraussicht nach noch in der ersten Jahreshälfte eintreffen. Auch sonst zählt die Update-Politik von Xiaomi bzw. POCO zu den besseren. Im Schnitt werden die Geräte 3 Jahre lang mit Updates versorgt.
Nun noch zu den Funktionen die MIUI 13 zu bieten hat. Neben dem bereits erwähnten Theme-Launcher, worüber sich das Aussehen der Benutzeroberfläche individualisieren lässt, gibt es auch einige "Spezielle Funktionen". Eine praktische Sidebar mit Schnellzugriffen auf Apps lässt sich als Overlay einblenden. Dann gibt es noch schwebende Fenster, worin man Apps verstecken kann. Das erleichtert das Multitasking, weil man im Splitscreen mit zwei Apps gleichzeitig arbeiten kann.
Zwei unabhängige Benutzerprofile anzulegen, ist mit MIUI 13 ebenfalls möglich. So lässt sich Business von Privat noch besser trennen. Eine Sache die etwas stört, sind die vielen vorinstallierten Drittanbieter-Apps, die man nicht unbedingt benötigt. Neben verschiedenen Shopping-Apps, sind Social Media-Apps aber auch nützliche Tools vorinstalliert. Selbstverständlich kann man die unerwünschten Apps einfach runterwerfen.
POCO X4 Pro 5G: Kamera
Die Kameraeinheit auf der Rückseite hätte gar nicht so riesig ausfallen müssen, denn insgesamt gibt es nur 3 Linsen, auch wenn der erste Blick den Anschein auf 5 Linsen erweckt. Aber der Reihe nach.
Das POCO X4 Pro 5G verwendet einen 108 MP Samsung HM2 Sensor (Blende f/1.9, 1/52") als Hauptkamera, dann gibt es eine 8 MP Sony IMX355 Ultraweitwinkelkamera (Blende f/2.2, 118°) und eine 2 MP Makrokamera (Blende f/2.4). Die zwei weiteren Kreise im Quartett beinhalten einmal einen LED-Blitz und der andere Kreis das Wörtchen "AI". Reine Zierde also! Vorne befindet sich die 16 MP Frontkamera.
Hauptkamera
Die 108 MP Hauptkamera bewegt sich auf einem guten Mittelklasse-Niveau. Die bei Tag geschossenen Fotos überzeugen durch einen angemessenen Detailgehalt und eine angenehm natürliche Farbgebung. Das zeigt z.B. der Himmel auf den Testaufnahmen, der bei viel Sonnenschein im schönen Blau erstrahlt. An der Bilddynamik gibt es ebenfalls nichts auszusetzen. Der Dynamikumfang kennt zwar seine Grenzen, stark abgesoffene Tiefen und ausgebrannte Lichter gehören jedoch zur Seltenheit.
Auffällige Bildfehler durch Chromatische Aberration treten nicht auf. Bildschärfe und Detailgrad nehmen zum Randbereich hin minimal ab, was aber keinesfalls den Gesamteindruck zu sehr beeinträchtigt. Der Autofokus reagiert schnell und die Auslösezeit ist gering.
Unter schlechten Lichtverhältnissen bleibt die Aufnahmequalität gut erhalten. Der große Sensor und das Pixel-Binning zeigen hier ihr können. Bildrauschen hat der Sensor im Griff. Der Detailgrad reduziert sich nicht allzu sehr und Farben bleiben gut erhalten. Unter einem trägen Autofokus und langen Auslösezeiten bei Nacht, leidet das POCO X4 Pro 5G nicht.
Bei wenig Umgebungslicht ist es ratsam, den Nachtmodus hinzuzuschalten. In vielen Fällen sorgt der Nachtmodus für eine höhere Lichtausbeute mit mehr Details und einem höheren Dynamikumfang.
Ultraweitwinkel
Man könnte glatt meinen, dass der 8 MP Sony IMX355 Xiaomis Standard-Sensor im Mittelklasse-Segment geworden ist. Immerhin ist der Sensor gar nicht mal so anfällig für Kritik. Klar kann die UWK des POCO X4 Pro 5G nicht mit High-End Geräten mithalten, die Aufnahmequalität ist trotzdem vollkommen ausreichend. Es gibt kaum Verzerrungen, Details und Bildschärfe sind einigermaßen in Ordnung und die Bilddynamik stimmt auch.
Sonstige Sensorik und Aufnahmefunktionen
An die Makrokamera sollte man keine Erwartungen stellen. Der 2 MP Sensor ist ein Lückenfüller, der das Datenblatt schönt. Mehr nicht! Die Kamera-App ist umgänglich zu bedienen. Es gibt einen Foto, Video und Portrait-Modus, einen Pro-Modus für erfahrene Nutzer und viele weitere Spielereien. Alternativ zur MIUI Kamera-App lohnt es sich einen Blick auf die verschiedenen GCam-Angebote zu werfen und zu experimentieren. Häufig kann Googles GCam App die Aufnahmequalität zusätzlich verbessern, denn neben der Sensorik spielt auch die Software eine entscheidende Rolle.
Enttäuschend ist die Videofunktion des Smartphones. Eine höhere Auflösung als 1080p bei 30 Bildern-pro-Sekunde lässt sich nicht einstellen. Das liegt nicht etwa an der MIUI Kamera-App, sondern am Snapdragon 695, der kein 4K unterstützt. Eine elektronische Bildstabilisierung ist vorhanden, allerdings reagiert diese sehr hakelig und der Bewegungsablauf sieht unrealistisch aus.
Mit der Aufnahmequalität der 16 MP Frontkamera wird man zwar nicht unbedingt zum Instagram-Modell, das ein oder andere gut aussehende Selfie ist aber drin. Die Videoauflösung der Frontkamera beschränkt sich prozessorbedingt ebenfalls auf 1080p bei 30 Bildern-pro-Sekunde.
POCO X4 Pro 5G: Konnektivität und Sensorik
Mobilfunk
Das Snapdragon X51 Modem des POCO X4 Pro 5G beherrscht 5G SA und NSA. Es ist also für die Gegenwart und Zukunft gewappnet. Testweise im 5G-Netz eingebucht überzeugte das Smartphone durch eine solide Geschwindigkeit und Stabilität. Zu den Mobilfunkfrequenzen muss man sich keine Gedanken machen. Die in Europa üblichen Frequenzen werden alle unterstützt.
Die VoLTE und VoWiFi Verfahren für Sprachtelefonie werden unterstützt. Dual-SIM ist mit zwei Nano-SIM-Karten möglich. Slot 2 teilt sich allerdings den Platz mit der Speichererweiterungsmöglichkeit, die bei Verwendung von Dual-SIM verloren geht.
WLAN und Bluetooth
Schnelles WiFi 6 hat es leider nicht in das POCO Smartphone geschafft. Hier darf man sich mit Dual-AC WiFi begnügen, das in Sachen Datendurchsatz und Verbindungsstärke ganz gut abschneidet. Auch das Bluetooth 5.1 bereitete keine Probleme. Der automatische Verbindungsaufbau im Auto klappte ohne Probleme.
GPS und Sensoren
Im Test hat das POCO X4 Pro 5G zuverlässig von A nach B navigiert. Hierfür greift es auf GPS, GLONASS, Galileo und Beidou zurück. Die Sensorik ist bis auf den IR-Blaster typischer Standard. Der IR-Blaster ist Ausstattungsmerkmal, das vor allem Xiaomi sehr gerne verbaut. Damit lassen sich Fernsehgeräte, Mediaplayer und andere Geräte steuern, sofern sie sich per Infrarot ansprechen lassen. Die zur Steuerung benötigte Mi-Fernbedienungs-App hat das Smartphone bereits vorinstalliert.
NFC ist beim europäischen POCO X4 Pro 5G mit an Bord. Man sollte allerdings darauf achten, dass nicht jede Länderversion NFC verbaut hat.
Fingerabdruckscanner
Der Fingerabdruckscanner hat es bei diesem Smartphone nicht unter das Display geschafft. Stattdessen hat man ihn in die seitliche Einschalttaste integriert. Das Entsperren klappte im Test zuverlässig und schnell.
Stereo-Lautsprecher
Der Klang des Stereo-Lautsprechers ist kraftvoll und laut, ohne dabei zu verzerren. Soundeffekte werden in Form von Dolby Atmos bereitgestellt. Kopfhörer oder externe Lautsprecher lassen sich per 3.5 mm Klinke, Bluetooth oder USB-C verbinden. Hochauflösende Audio-Codecs wie aptX werden für Bluetooth-Verbindungen unterstützt. Mit kabelgebundenen Kopfhörern ist es sogar möglich UKW-Radio zu empfangen.
POCO X4 Pro 5G: Akku
Zum Schluss noch einige Worte zum Akku. Der hat eine Kapazität von 5000 mAh und hält durch den effizienten Snapdragon 695 ganz schön lange durch. Im Test musste das Smartphone nur alle zwei Tage an die Steckdose. Der Standby-Verbrauch ist überaus gering, sodass bei Nacht nur 2-3 Prozent Akku verloren gingen.
Die 67 Watt Schnellladefunktion lädt das Smartphone in nur 15 Minuten auf 55 Prozent. Ein kompletter Ladevorgang dauert 41 Minuten. Kabelloses Laden wird nicht unterstützt.
Ric
Hallo, wird Widevine L1 unterstützt, also kann ich darüber Netflix in FHD schauen? LG
Timo
Hi Ric, klar kannst du Netflix in FHD schauen. Widevine L1 wird unterstützt. 🙂
POCOFan
Richtig schade, dass Xiaomi den Snapdragon 860 abgeschafft hat. Hatte gehofft, dass wir den Snapdragon 870 bekommen aber der 695 ist doch echt ein schlechter Scherz.
Timo
Das ist wirklich etwas schade, gerade was Gaming betrifft. Aber ansonsten läuft das Smartphone im Alltag angenehm flüssig.